Premiere vom Film über den Maler Friedrich August von Kaulbach
Die Farben der Integration - Ein Filmprojekt vereint Kulturen
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Nachfolgend der Bericht über die Premiere im Kunstlerhaus am Lenbachplatz, München am 10.01.2024:
Aller guten Dinge sind vier – und das im wahrsten Sinne des Wortes: Exakt vier Mal rückten die Protagonisten aus aller Herren Länder zum Filmdreh über den Malerfürsten Friedrich August von Kaulbach aus. Kameramann T. Lienke hatte dabei die Laien und Profis mit reißfestem Geduldsfaden und unerschütterlicher guter Laune im Fokus. Und das über vier Filmabschnitte hinweg, während Deutsche, Asylbewerber und Ukrainer in den Ohlstadter Räumlichkeiten des Malerfürsten drehten. Sie inszenierten ein Treffen in der Jagdhütte des Malers und im Sommeratelier, veranstalteten ein Teekränzchen mit Gästen aus den Bereichen Literatur, Kunst und Wissenschaft in der Villa Stuck und versammelten sich für die finale Szene im Künstlerhaus. Das Ergebnis ist ein beachtliches Filmprojekt, das in seiner Umsetzung durch Laien beeindruckt und sich in diesem Rahmen durchaus sehen lassen kann. Es entstand ein Integrationswerk mit rund 100 Mitwirkenden aus aller Welt, das den fremdsprachigen Teilnehmern ganz nebenbei die deutsche Sprache und ein Stück Kulturgut näher bringt und scheinbar unbeschwert Sprachbarrieren überwindet.
Wie ein Klassentreffen fühlte sich die Filmpremiere im Künstlerhaus im Januar an. Es war, als fielen beim Durchschreiten des Portals in den Festsaal sämtliche kulturellen Unterschiede von den Eintretenden ab. Die Atmosphäre war geprägt von einem glücklichen Wiedererkennen der Mitstreiter, deren Erinnerungen an den Dreh wieder lebendig wurden. Sie tauchten erneut in die Zeit ein, als sie für den Film äußerlich und emotional in ein anderes Zeitalter und ein anderes Leben versetzt wurden, wobei Kriege, Leiden und Heimweh für einen Moment vergessen schienen.
„Wie geht es Dir?“ in allen möglichen Varianten war an diesem Nachmittag wohl eine der am häufigsten gestellten Fragen. Gekommen war auch die Brückenklasse der Mittelschule am Inzeller Weg in München, angeführt von den Pädagogen Duygu und Daniel K. In historischen Gewändern und - die jungen Damen - mit Hochsteckfrisuren schwebten sie im Film über das Parkett, eingekleidet von Kostümexpertin Brigitte Günczler und Kostüm- und Bühnenbildnerin Johanna Berüter. Am Tag der Premiere schritten die Heranwachsenden, zunächst etwas zurückhaltend in Alltagskleidung und mit modernen Frisuren, dann aber im Willkommenskreis der Erwachsenen aufgewärmt, in den Saal.
Versiert und stets fröhlich half Schauspiellehrerin Sophie Hechler den Darstellern in vielen Stunden sorgfältiger Vorarbeit dabei, in die Rolle ihres Filmcharakters hineinzuschlüpfen. Zu diesen Charakteren gehört das Ehepaar Pringsheim - er Mathematikprofessor, sie Schauspielerin und beide die Eltern von Katia Mann. Denn der Film beleuchtet das Privatleben des Malerfürsten. Seine Bekanntschaft mit Thomas Mann etwa. Ein Schlaglicht fällt auch auf Malergattin Frida, eine berühmte dänische Geigenvirtuosin, deren Persönlichkeit die Ukrainerin Nataliia bezaubernd nachstellte. Mit dem Betreten des Raumes wirkte es, als würden die Herzen der anwesenden Filmdarsteller aus dem Iran, Afghanistan, der Ukraine, Weßling, Ohlstadt oder München erneut für ihre Rollen schlagen. So als ob die Gefühle und Emotionen ihrer Charaktere wieder erwachten und zu einem Bestandteil ihres eigenen Selbst geworden seien.
Diese Welle der Emotionen überspülte selbst die jungen Damen, die im Film Kaulbachs Töchter spielten. Das offenbarte sich, als eine von ihnen mit einem „Hallo, Onkel Olaf!“ heiter an dem norwegischen Maler Olaf Gulbransson vorbeirauschte, gespielt von Schriftsteller Gerd Holzheimer. Ihn hatte Ulrike Roos geradezu zum Mitspielen verführt, verrät dieser schmunzelnd. Und ehe er sich versah, fanden sich Drehtermine in seinem vollbepackten Terminkalender. Kurze Zeit später fand er sich auf einer blühenden Wiese wieder, wo die besagten Kaulbachtöchter, streng nach Drehbuch, auf ihn zustürmten. Was allerdings nicht im Skript stand, war, dass die jungen Damen in ihrem Überschwang den Onkel kurzerhand umnieteten – ein unerwarteter, aber vergnügter Sturz, den Kameramann Tjark als filmreif befand und für die Nachwelt festhielt.
Das Drehbuch, eine Kreation von Ulrike Roos und bereichert durch die spontanen Einfälle sowie Improvisationen der Mitwirkenden, bildete die Grundlage für einen Film voller Herz und Humor. Neben den Vollblutprofis wie Sophie Hechler, Peter Weiß und Florian Volkmann sorgte auch der Improvisationsmusiker Florian Schwartz für unvergessliche Momente. Nämlich jener, als während eines berührenden Liebeslieds von Lehar, vorgetragen von Annette Mühlhans und Thilo Himstedt, Schwartz die romantischen Töne humorvoll auf sich bezog – sichtlich verlegen und mit einem schelmischen Augenzwinkern.
Der Geist dieser Zusammenarbeit und Kreativität wurde bei der Filmpremiere sichtbar, eröffnet von Sängerin Annette Mühlhans. Diesmal in einem Duett mit dem Tenor Nikolaus Pfannkuch, Mitglied des BR-Chors, untermalt vom virtuosen Geigenspiel Hedwig Rosts von der „Kleinsten Bühne der Welt“ und den einfühlsamen Klavierakkorden von Florian Schwartz. Unter den Gästen befand sich auch der Bürgermeister aus Ohlstadt, Christian Scheuerer, der einen ganzen Bus aus Ohlstadt mitgebracht hat. Darunter waren Kaulbachkennerinnen Brigitte Toebelmann und Gabriele Friedmann, die Ulrike Roos bei einem Rundgang durch die Villa des Malerfürsten in Ohlstadt erst auf die Idee zum Filmthema gebracht hatten. Und der Streifen fesselte die mehr als 100 Gäste mit witzigen Anekdoten, wunderbaren Bildern, interessantem Insiderwissen und den charismatischen Mitwirkenden. Als Höhepunkt trat Kameramann Tjark Lienke ausnahmsweise ins Rampenlicht und ehrte die Protagonisten, indem er jedem eine der 100 Rosen überreichte, die Ulrike Roos bestellt hatte. Daraufhin durfte Roos sichtlich bewegt einen riesigen Blumenstrauß entgegennehmen, sowie ein Paket mit persönlichen Schreiben und Bildern von den am Filmprojekt Beteiligten - eine Anerkennung für die Frau, die dieses großartige Integrationsprojekt initiiert und realisiert hat.
© Michèle Kirner-Bernoulli (Text & Bilder)