Kunstobjekte als Inspiration für Schreibende
Schreibwerkstatt „Under the wobble moon“
Ein Überblick von Werner Vogt:
Michael Buhrs, Direktor der Villa Stuck, führte uns zu Beginn der Schreibwerkstatt persönlich durch die aktuelle Ausstellung des 1989 in Minnesota (USA) geborenen Künstlers Misha Kahn. Es ist die bisher umfassendste Einzelausstellung und erste große Präsentation seiner Werke in Europa. Fast die Hälfte der präsentierten Objekte sind für diese Ausstellung vom Künstler geschaffen worden.
Misha Kahn passt in keine Schublade. Es gibt kaum eine Kunstform, mit der er noch nicht gespielt hat. Ursprünglich kommt er vom Design und der Bildhauerei. Er schafft den Sprung vom Funktionalen ins Fiktionale, vom Traditionellen zur Technik, und kreiert dabei Kunstwerke, welche die Grenzen des Vorstellbaren weiten, beispielsweise mit 3D-gedruckten Möbelskulpturen, die keine Möbel mehr sind. Sein Stil wird auch als "zerzauster, spontaner Maximalismus" beschrieben („Regt auf und regt an“, Münchner Merkur). Er erfindet Geschichten zu den Objekten und kreiert verdrehte Wahrheiten. Jeder Raum gleicht somit ein bisschen einer Verschwörung", so der Künstler. Misha Kahn möchte in Zeiten, in denen Fakt und Fiktion verschwimmen, zeigen, dass Wahrheit viele Gesichter haben kann. Auf unserer Erde beginnt eine neue Zeit. Das Physische fällt mit dem Metaversum zusammen. Und wir leben immer mehr in beiden Welten.
Wir haben die Sehnsucht, darin zu bleiben – und gleichzeitig weit weg zu sein.
Misha Kahns innovative Werkgruppen laden geradezu ein, schreibend in Resonanz, poetisch, auf sie zu antworten.
Im Rahmen dieser Ausstellung leitete der Lyriker, Romanautor, Übersetzer und Professor für Komparatistik Matthias Göritz eine zweitägige offene Schreibwerkstatt und Johanna Berueter von der Villa Stuck die nicht mehr wegzudenkende Kreativeinheit zwischen dem Schreiben der Texte.
blaue stunde bei misha
würdest du schon mal
während ich eis hole
ja, da hinten im schrank
dort, neben dem horn
nein, nicht dem blauen
geschmolzenen
dem violetten gedrehten
mit den opalen
genau!
da, der griff -
hinter den fransen
ach was, zebra,
die sind von einer löwenmähne
schräg drüber
mehr links
unter der brillantbraue
mitten im auge des sturms
ich weiß
sieht exakt wie götterspeise aus
du verstehst doch den witz
mach schon auf
da steht er, der scotch
die gläser?
findest du im schrank gegenüber...
bin gleich wieder da
© Susanne Hoffmann
Gedanken zur Ausstellung und Werkstatt von Johannes Keilholz:
Ein Gang durch Misha Kahns Ausstellung „Under the Wobble Moon“ war der Kick, dann folgten, geschrieben in kurzer Zeit, Gedichte, inspiriert eben von diesen Objekten des „kapriziösen Zeitalters“, von dem Kahn in seinen Mini- und Großskulpturen erzählt. Schwere, wegen der Gefahren, die vielleicht dem unbekannten Material entströmen hätten können, erst zu begutachtende Schränke, kleinere Möbel, ein leuchtender gelgepolsterer Stuhl, Schmuck, Fundstücke aus dem Fundus des imaginären „Wobble Moon“ und vor Ort entstandene Installationen – Produkte einer „Partikelisierung“ oder auch eines „Geraffelzerreißungsvorgangs“ <LINK www.villastuck.de/programm/detail/misha-kahn - "-" "Villa Stuck">(vgl. Text der Website der Villa Stuck)</link>.
Neben diese Inspiration traten Gedichte von W.C.Williams, Volha Hapeyeva, Maja Haderlap u.a., mit denen Mathias Göritz die Gruppe des zweitägigen Workshops zu Motiven (etwa: Rituale, Orte, reale/historische Personen) und Formen führte, Grundlagen zu eigenen Gedichten, Diskussionen und zum produktiven gemeinsamen Feilen an den vielen kleinen Werken, entstanden im Zwei-Tage-Zeitalter in der Gartenloggia der Villa Stuck.
<LINK file:797 - "-" "Initiates file download">Weitere Texte finden Sie hier in einem PDF zusammengestellt. </link>